In der vergangenen Plenarsitzung (14.10.2020) im Landtag von Baden-Württemberg hat die Mehrheit des Landtags zwei wichtige Beschlüsse gefasst.
Die Grünen haben einen großen Erfolg erzielt und endlich das neue Klimaschutzgesetz verabschiedet! Und der Nachtragshaushalt wurde beschlossen und damit wichtige Weichen für den Weg durch die Krise und in die Zukunft gestellt.
Es war für die Grüne Landtagsfraktion nicht einfach, die Weiterentwicklung des Klimaschutzgesetzes zu verhandeln. Aber es hat sich gelohnt. Als Erfolg wird ebenfalls gewertet, dass das Klimaschutzgesetz noch in diesem Jahr beschlossen wurde und damit noch vor der nächsten Landtagswahl in Kraft treten wird.
Im neuen Klimaschutzgesetz gibt es eine Vielzahl an Neuerungen. Hier, drei zentrale Punkte:
Klimaziel 2030: Mindestens 42% Treibhausgasminderung
Ein zentraler Baustein ist die Festlegung des Klimaschutzziels für das Jahr 2030 von mindestens 42 Prozent Treibhausgasminderung gegenüber 1990. Das ist ein wichtiges Zwischenziel auf dem Weg zur weitgehenden Klimaneutralität Baden-Württembergs im Jahr 2050. Bei einer drohenden Verfehlung der Klimaschutzziele wird ein Mechanismus ausgelöst, mit dem anhand von neuen Maßnahmenvorschlägen das Ziel wieder erreichbar wird.
PV-Pflicht beim Neubau von Nichtwohngebäuden und Parkplätzen
Ab dem 01.01.2022 gilt in Baden-Württemberg eine PV-Pflicht beim Neubau von Nichtwohngebäuden. Damit ist das Land bundesweit das erste Bundesland, in dem eine PV-Anlange beim Neubau verpflichtend installiert werden muss. Nichtwohngebäude sind alle gewerblich genutzten Gebäude, öffentliche Bauten, Discounter und Lebensmittelmärkte, Logistiker und große Parkplätze.
Dies ist ein Einstieg. In der nächsten Wahlperiode wollen die Grünen die PV-Pflicht erweitern.
Kommunale Wärmeplanung
Ebenfalls neu im Klimaschutzgesetz: Baden-Württemberg wird als erstes Bundesland eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung für alle Stadtkreise und große Kreisstädte einführen. Die 103 größten Kommunen werden dazu verpflichtet und das Land übernimmt dafür 100 Prozent der Kosten. Für die übrigen Gemeinden bleibt das Instrument eine freiwillige Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge. Dafür stehen Förderprogramme des Landes zur Verfügung.
Wärmeplanung ist die Voraussetzung für die Umstellung von Wärmeproduktion über fossile Rohstoffe hin zu Wärme aus Erneuerbaren Energien, aus industrieller Abwärme und Umweltwärme.
Da ein großer Teil der Fernwärme in Baden-Württemberg aus Kohlekraftwerken stammt, ist dies auch ein notwendiger Schritt für den Kohleausstieg.
Neben dem „Klimaschutz-Plus“-Programm für die Verbesserung der Energieeffizienz kommunaler Gebäude gibt es auch eine Neuauflage des erfolgreichen PV-Speicher-Förderprogramms für den Ausbau der Photovoltaik, mit ähnlichen Konditionen wie in der ersten Förderrunde.
Der zweite sehr wichtige Beschluss am 14.10.2020 ist der Beschluss des 2. Nachtragshaushaltes für 2020/2021.
Warum ist er wichtig?
Weil das Land nach sehr sorgfältiger Abwägung weitere 8,6 Milliarden Euro neue Schulden aufnimmt. Mit den 5 Milliarden aus dem ersten Nachtrag sind es dann insgesamt 13,6 Milliarden Euro.
Das ist viel Geld; das sehr sorgsam und nachhaltig eingesetzt werden soll, um zum einen den Auswirkungen der Corona-Pandemie begegnen zu können und darüber hinaus, klug zukunftsorientierte Weichen für das Land zu stellen.
Wofür wird das Geld gebraucht?
Stabilitäts- und Zukunftspakt für die Kommunen
Die Kommunen müssen trotz Krise stark und handlungsfähig bleiben und – auch ganz wichtig – Planungssicherheit haben. Dafür hat die grün-geführte Regierung einen kommunalen Stabilitäts- und Zukunftspakt vereinbart.
Das heißt ganz konkret, dass aus rund 3 Milliarden Euro Landesmitteln
- den Städten und Gemeinden die Ausfälle bei den Gewerbesteuereinnahmen finanziert werden,
- höhere Schlüsselzuweisungen fließen,
- 130 Millionen Euro zur kurzfristigen Beschaffung von digitalen Endgeräten für Schüler*innen bereitstehen,
- der öffentliche Gesundheitsdienst in den Landratsämtern ausgeaut und
- weitere Kapazitäten in den Kliniken finanziert werden.
Maßnahmenpaket für Stabilisierung, Nachhaltigkeit und Innovationskraft
Die Corona-Krise hat einige Prozesse beschleunigt. Insbesondere der Strukturwandel der Wirtschaft hat deutlich an Tempo zugenommen. Das bedeutet, dass jetzt auf diese Entwicklungen mit geeigneten Maßnahmen reagiert und dafür 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden.
Entsprechende Maßnahmen werden nach zwei Kriterien ausgewählt: Trägt diese Maßnahme dazu bei, Baden-Württemberg innovationsstärker und wirtschaftlich stabiler zu machen? Und trägt diese Maßnahme dazu bei, dass unser Land morgen gesünder, nachhaltiger und CO2-neutraler ist? Am besten ist es natürlich, wenn beide Kriterien erfüllt sind.
Vier Bereiche sind dafür identifiziert worden:
1. Gesundheitsstandort Baden-Württemberg: Im Bereich der Medizintechnik, der personalisierten Medizin, und auch bei den Universitätskliniken fördert das Land Innovationen aktiv. Ein Innovationscampus Medizin und Lebenswissenschaften wird aufgebaut. Dort soll Spitzenforschung mit der Anwendung und höchste Innovationsfähigkeit mit der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften verbunden werden. Gleichzeitig wird die sektorenübergreifende Versorgung ausgebaut, die Hochschulmedizin gestärkt und neuartige Ansätze wie etwa die personalisierte Medizin unterstützt.
2. BW Invest: Das ist ein branchenoffenes Programm, um innovative Ideen der Wirtschaft, wie beispielweise Quantencomputing, zu fördern.
3. Transformation, Klimaschutz und Mobilität: Das sind Vorhaben, die nachhaltige Mobilität stärken, Digitalisierung grüner machen und die Ressourceneffizienz erhöhen.
4. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz: Die grün-geführte Regierung will Digitalisierung und Künstliche Intelligenz „Made in BW“ unterstützen und damit eine zukunftsfähige Weiterentwicklung in fast allen Bereichen möglich machen. Gesundheit und Pflege, Justiz, Schule, Forschung – das sind nur einige der Bereiche, die dafür in Frage kommen.
Darüber hinaus muss das Land die Steuermindereinnahmen ausgleichen, damit der Haushalt ausgeglichen ist, hier sind ca. 4,4 Milliarden Euro vorgesehen plus 800 Millionen zur Sicherheit in der Risikovorsorge.