Die Digitalisierung unserer Gesellschaft schreitet voran. Auch um die Medizin wird sie keinen Bogen machen. Die Gesundheitspolitik muss diesen Prozess aktiv im Interesse der Patientinnen und Patienten gestalten. Dabei geht es nicht um naive Technikverliebtheit, sondern um den nüchternen Blick für Chancen und Herausforderungen dieser Entwicklung.
Dafür stehe ich:
- Digitalisierung im Gesundheitssektor als Chance begreifen. Baden-Württemberg soll bundesweiter Vorreiter in der Telemedizin bleiben.
- Telemedizinischen Angebote sollen die bisherigen Behandlungsformen unterstützen und ergänzen.
- Das Thema Digitalisierung im Gesundheitssektor darf niemanden vergessen oder ausgrenzen. Schon gar nicht diejenigen, die mit digitalen Anwendungen nicht selbstverständlich umgehen können.
Nichts verändert die Gesellschaften radikaler, als der immer schneller voranschreitende technologische Wandel. Wir wollen die Digitalisierung nicht nur erleiden. Wir wollen sie gestalten.
Die Digitalisierung bietet das Potenzial, die Vernetzung und Kooperation der Gesundheitsversorgung voranzutreiben. Vor allem an den Schnittstellen zwischen ambulanter und stationärer, pflegerischer und gesundheitlicher Versorgung kann die Zusammenarbeit der beteiligten Gesundheitsberufe verbessert und eine patientenorientierte Versorgung erreicht werden. Auch die Patientensicherheit kann erheblich verbessert werden, wenn etwa allen beteiligten Behandlern aktuelle Behandlungsinformationen oder Medikationsdaten zur Verfügung stehen. Durch telemedizinische Verfahren könnte es zum Beispiel möglich werden, auch in entlegenen ländlichen Räumen ärztliche Spezialisten hinzuzuziehen, ohne beschwerliche Reisen antreten zu müssen. Es gibt bereits Projekte, in denen qualifizierte Pflegekräfte bei den Patienten vor Ort Untersuchungen durchführen und diese Informationen an den Arzt übermitteln. Der Arzt bespricht dann per Videotelefonie mit den Patienten erste Befunde und weitere Behandlungsschritte.
Bislang ist vieles davon noch in den Kinderschuhen oder gar Zukunftsmusik. Das hat viele Gründe. Einer der wichtigsten ist: Es fehlt bislang eine in sich stimmige, durchgängige digitale Strategie der Bundesregierung für das Gesundheitswesen. Wohin soll die Reise gehen? Wie können förderliche Rahmenbedingungen geschaffen werden? Wie Hürden und Blockaden überwunden werden?
Natürlich ist der Einsatz neuer Technologien auch immer eine Reise in unbekanntes Gebiet. Deshalb ist es sinnvoll, in Modellprojekten Erfahrungen für die spätere Regelversorgung zu sammeln. Baden-Württemberg nimmt hierbei eine Vorreiterrolle ein.
Die grün-geführte Landesregierung hat bereits im Jahr 2017 die Strategie „Digitalisierung in Medizin und Pflege in Baden-Württemberg“ entwickelt. Sie unterstützt neben anderen telemedizinischen Modellprojekten das Projekt „docdirekt“ der Kassenärztlichen Vereinigung. Hier erhalten gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten in zwei Modellregionen medizinische Beratung per Telefon oder Videotelefonie durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. Das sind wichtige Bausteine, um neue telemedizinische Behandlungs- und Beratungsformen für die Patientinnen und Patienten zu ermöglichen. Mit der Gründung des Landeskompetenzzentrums Pflege & Digitalisierung möchten wir die Chancen der Digitalisierung in der Pflege weiter nutzen. Das Kompetenzzentrum ist Anlauf-, Beratungs- und Vernetzungsstelle für pflegefreundliche digitale Lösungen.
Für die Zukunft kommt es darauf an, aus den gewonnenen Erkenntnissen zu lernen und den Einsatz der digitalen Behandlungsformen so zu regeln, dass der Patientenschutz nicht auf der Strecke bleibt. Denn digitale Lösungen können und sollen die persönliche Beziehung zwischen Arzt und Patient nicht ersetzen.